Ein epileptischer Anfall wird durch die vorübergehende überschießende Entladung größerer Nervenzellverbände im Gehirn hervorgerufen. Dass die Kommunikation der Nervenzellen untereinander während eines Anfalls nicht wie sonst funktioniert, äußert sich in Sprach-, Sinnes-, Bewegungs- oder psychischen Störungen. Ist der epileptische Anfall vorbei, nimmt das Gehirn seine ursprüngliche Funktionsweise wieder auf.

Epilepsie wird zum großen Teil durch eine Schädigung oder Funktionsbeeinträchtigung eines Gehirnareals ausgelöst, die das Resultat bestimmter Ereignisse oder Grunderkrankungen sind. Dazu gehören schwere Hirnverletzungen durch Unfall, Tumore, Hirnhautentzündungen, Schlaganfall, Sauerstoffmangel während der Geburt, Fehlbildungen oder auch Stoffwechselstörungen des Gehirns. Auch genetische Faktoren können eine Rolle spielen. Bei rund der Hälfte der Betroffenen bleibt die Ursache für die Epilepsie unklar.1

Art, Schwere und Dauer der epileptischen Anfälle können sehr unterschiedlich sein, was Epilepsie zu einer sehr individuellen Erkrankungen macht. Prinzipiell kann man zwei Arten von Anfällen unterscheiden:

Fokale Anfälle

Fokale Anfälle spielen sich in lokal begrenzten Gehirnregionen ab. Je nachdem, wo genau sie entstehen, sind ihre Symptome unterschiedlich ausgeprägt. Neben örtlich begrenzten Muskelzuckungen, können sie die Körperempfindungen oder Sinneswahrnehmungen verändern, zu Stimmungsschwankungen führen sowie das vegetative Nervensystem beeinflussen. Manche fokalen Anfälle werden von den Betroffene bewusst wahrgenommen, andere führen zu Erinnerungslücken. Kündigt sich ein Anfall mit einer sogenannten Aura an, zeigt sich das häufig in Handlungsautomatismen. Der Körper spult dann selbständig bestimmte Bewegungsabläufe oder Verhaltensweisen ab, von Nesteln oder Zupfen an Kleidungsstücken bis hin zu unkontrollierten Arm-, Bein- oder Körperbewegungen.1,2

Generalisierte Anfälle

Bei generalisierten Anfällen ist das gesamte Gehirn betroffen. Zu den wichtigsten Formen gehören Absencen, myoklonische und tonisch-klonische Anfälle. Bei Absencen kommt es zu kurzen „Aussetzern“ des Bewusstseins, die oft weder vom Betroffenen selbst noch von Außenstehenden richtig wahrgenommen werden. Myoklonische Anfälle sind mit kurzen, unkontrollierbaren, arrhythmischen Muskelzuckungen verbunden.3 Tonisch-klonische Anfälle dauern etwa ein bis zwei Minuten. Sie gehen mit einer starken Verkrampfung des Körpers einher, tiefer Bewusstlosigkeit und kurzem Atemstillstand (tonische Phase) sowie anschließenden heftigen Zuckungen (klonische Phase). Diese auch „Grand Mal“ genannte Form der Epilepsie wirkt auf Außenstehende sehr dramatisch.1,4

Der besondere Fall: Das Lennox-Gastaut-Syndrom

Das Lennox-Gastaut-Syndrom gilt als eine der am schwersten behandelbaren Epilepsieformen, die im Kindesalter beginnt. Typisch ist ein Krankheitsbeginn zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr. Oft wurde das Gehirn schon vor dem Beginn der Erkrankung geschädigt, beispielsweise durch eine Entzündung oder durch Sauerstoffmangel während der Geburt. Das Lennox-Gastaut-Syndrom ist durch das sehr häufige Auftreten mehrerer verschiedener Anfallsformen gekennzeichnet. Dazu gehören neben atypischen Absencen auch tonische und atonische Anfälle („Sturzanfälle“), die zu erheblichen Verletzungen führen können. Betroffene Kinder zeigen häufig eine verzögerte oder eingeschränkte geistige und motorische Entwicklung, die mit schlechter Konzentrationsfähigkeit einhergeht.5


(QUELLENANGABEN)

  1. Pfäfflin M, Informationszentrum Epilepsie (ize) der Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V.(Hrsg.). Epidemiologie der Epilepsien, Informationsblatt 028, 2011. Berlin: Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V. [abgerufen am: 26.07.2022].
  2. Tuxhorn I, Informationszentrum Epilepsie (ize) der Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V. (Hrsg.). Epilepsien mit einfachen und komplex-fokalen Anfällen, Informationsblatt 040, 2008. Berlin: Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V. [abgerufen am: 26.07.2022].
  3. Rating D, Informationszentrum Epilepsie (ize) der Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V. (Hrsg.). Epilepsien mit myoklonischen Anfällen, Informationsblatt 042, 2014. Berlin: Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V. [abgerufen am: 26.07.2022].
  4. Rating D, Informationszentrum Epilepsie (ize) der Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V. (Hrsg.). Epilepsien mit Grand-mal-Anfällen, Informationsblatt 043, 2014. Berlin: Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V. [abgerufen am: 26.07.2022].
  5. Borusiak P, Boenigk HE, Informationszentrum Epilepsie (ize) der Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V. (Hrsg.). Lennox-Gastaut-Syndrom, Informationsblatt 037, 2008. Berlin: Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V. [abgerufen am: 26.07.2022].